Homo- und Heterosexualität, Trans- und Bisexualität sind Begriffe, von denen wir gehört haben und mit denen wir auch etwas anfangen können. Pansexualität hingegen ist sicherlich nicht jedem geläufig. Hast du schon einmal davon gehört? Eins sei vorweggenommen: Wer pansexuell ist, ist mehr als nur hetero-, homo-, trans- oder bisexuell? So weit, so gut! Aber was ist es eigentlich genau?
Wenn jemand für sich festgestellt hat, dass er keiner der bislang bekannten sexuellen Orientierungen eindeutig zuzuordnen ist, ist diese Person möglicherweise pansexuell. Das Wort "pan" kommt aus dem Griechischen und bedeutet: ganz, gesamt, umfassend. Und das trifft es auf den Punkt. Pansexuellen Menschen ist es egal, ob sie sich in einen Mann, eine Frau, Intersexuelle oder eine Transgender-Person verlieben. Männer stehen nicht ausschließlich auf Gay Sex, sind nur hetero, vielleicht aber auch bi. Gleiches gilt für Frauen. Wer pansexuell ist, will mehr.
Entscheidend ist also, dass die pansexuelle Orientierung nicht von der biologischen Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen abhängt. Intersexuelle, Transgender und Menschen anderer geschlechtlicher Zuordnung werden von Pansexuellen bei der Partnerwahl nicht ausgeschlossen. Anders formuliert: Eine geschlechtliche Vorentscheidung findet nicht statt. Pansexuelle verlieben sich in den Menschen an sich; ob weiblich oder männlich spielt keine Rolle.
Vielleicht fragst du dich jetzt, was Bi- und Pansexualität unterscheidet? Richtig, auch hier gibt es einen entscheidenden Unterschied. Pansexuell zu sein ist, wenn du so willst, mehr als "nur" bi". Bei bisexuellen Menschen fallen nicht nur hetero-, sondern auch homosexuelle Neigungen bei der Partnerwahl ins Gewicht. Pansexuellen Menschen ist das aber zu wenig, da ihr Begehren in erster Linie nicht vom Geschlecht einer Person ausgelöst, sondern durch andere Eigenschaften eines Menschen geweckt wird. Begehrt wird das Individuum, also der Mensch als Ganzes. Pansexuelle sind offen für alle Menschen; ob weiblich oder männlich, inter- oder transsexuell ist dabei völlig nebensächlich.
Wenn aber das Geschlecht bei der Partnerwahl keine ausschlaggebende Rolle spielt, ist Pansexualität dann überhaupt eine Form der Sexualität oder eher ein Fetisch? Oh ha, jetzt kommst du bei diesem Thema vielleicht erst richtig ins Grübeln. Fetische sind Vorlieben für etwas, das sexuelles Begehren und Lust auslösen oder verstärken kann (Füße, rote Dessous, ein praller Hintern, große Brüste, der Duft getragener Wäsche). Wenn also nicht das Geschlecht (und alles was damit zu tun hat), sondern ganz andere Eigenschaften eines Menschen sexuelles Begehren auslösen, könnte man das so verstehen.
Heutzutage ist die westliche Gesellschaft grundsätzlich offener für andere Formen der sexuellen Orientierung. Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind heute nicht mehr nur akzeptiert, sondern auch gesellschaftlich anerkannt. Wer hätte in den 60-er Jahren gedacht, dass Männer und Frauen einen Partner gleichen Geschlechts heiraten? Undenkbar!
Zu dieser Zeit stellte Otto F. Kernberg (amerik. Psychoanalytiker und Psychiater) einen Zusammenhang zwischen Pansexualität und der Borderline-Störung her. Pansexualität war nach seiner Auffassung Teil dieser Störung, bei der es sich um den "Ausdruck fehlender Identifikation mit dem Selbst und einer gesunden Sexualität" gehandelt habe. Diese Sichtweise ist Gott sei Dank überholt. Heute wird Pansexualität als (weitere) Variante einer völlig normalen Sexualität verstanden.
Pansexualität ist nicht besser oder schlechter als andere Formen der Sexualität. Wichtig ist, den Namen für diese Art Empfindungen zu kennen und zu wissen, dass diese Gefühle häufiger vorkommen, als man es als Betroffene(r) vielleicht denkt. Apropos Betroffener!
Mimi Erhardt (Bloggerin und Sex-Kolumnistin für ein bekanntes Männermagazin) beschreibt in einem Interview in humorvoller Art und Weise, wie sie sich fühlt und wie sie von anderen Menschen wahrgenommen wird. Sie schreibt beispielsweise, dass es ihr wichtig ist, von anderen Menschen aufgrund ihrer "neuen" Art der sexuellen Gesinnung nicht in eine Schublade gesteckt zu werden! Sie selbst sieht Pansexualität als eine neue, andere Art der sexuellen Befreiung. Sie liebe die Menschen einfach. Was in deren Pass steht, sei ihr völlig egal.
Die Reaktionen auf Mimis "sexuelle Grenzenlosigkeit" bewegen sich zwischen Kopfschütteln und amüsiertem Lächeln. Sie wurde bereits gefragt, ob sie jeden Trend mitmachen müsse? Sie erklärt dann immer, dass dieses "neue Label der Pansexualität" seltsam anmuten mag - und sie vermeide es auch, so gut es gehe. Allerdings sei dieser Begriff kein Trend, sondern eine weitere Liebesform der heutigen Zeit.
Sie sei total happy, völlig frei und unvoreingenommen entscheiden zu können, ob sie - aus der Sicht Außenstehender - gerade lesbisch, bi, hetero oder was auch immer ist. Es sei wunderbar, nicht darüber nachdenken zu müssen, ob sie in "der richtigen Schublade" stecke. Eigentlich beneidenswert, nicht? Mimi sagt, sie könne im Prinzip alle Menschen lieben und begehrenswert finden. Für Mimi Erhardt und andere Pansexuelle gibt es kein Entweder-oder!
Fazit: Pansexualität als neue Variante moderner Liebe zu sehen, ist völlig in Ordnung. Warum man die eine oder andere Person anziehend und begehrenswert findet, kann viele Gründe haben. Entscheidend ist, wie sich die Beteiligten dabei fühlen. Liebesglück hat viele Facetten. Pansexualität ist eine davon!
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